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Mehr Eigenkapital mit der Muskelhypothek - mit Eigenleistung zum Traumhaus

09.09.2020 | Im Jahr 2019 vergaben Banken in Deutschland Wohnungsbaukredite in einer Gesamthöhe von 1.470 Milliarden Euro. Viele Bauherren versuchen, die Höhe Ihres Kredites zu reduzieren, um die Laufzeit und die monatlichen Belastungen zu senken. In diesem Zusammenhang ist der Ausdruck Muskelhypothek bekannt. Doch was bedeutet der Begriff genau und auf welche Punkte müssen Kreditnehmer achten? Wir erklären die Hintergründe.

Foto: pixabay.com
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Was ist ein Muskelkredit?

Muskelkredit ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Eigenleistungen, die Bauherren im Rahmen der privaten Immobilienfinanzierung erbringen. Der Kreditnehmer führt entweder selbst Arbeiten am Bau aus und stellt hierfür Material zur Verfügung oder er bittet Familienmitglieder um Hilfe. Die externen Baukosten reduzieren sich, die Höhe des notwendigen Kredits sinkt. Für Banken ergibt sich dadurch ein Vorteil: Die Kreditsicherheit ist höher. Die Eigenleistung wird von keinem Bauunternehmen erbracht, jedoch trägt Eigenleistung zur Erhöhung des Bauwertes bei. Sie stellen eine Einbringung von Leistungen in die Immobilie dar. Die Bank finanziert die Differenz zwischen den Brutto-Baukosten und der Eigenleistung. Als Sicherheit dient dennoch der Gesamtwert der Immobilie.

Welche Formen der Eigenleistung existieren?

Eigenleistung erbringen Hausbauer insbesondere durch:

  • Eigenkapital
  • eigene Baugrundstücke
  • verwendete Gebäudeteile
  • eigener Bauleistung
  • Bauleistung durch Familienangehörige
  • zur Verfügung gestellte Baumaterialien


Wie wirken sich Muskelhypotheken auf die Kennzahlen der Finanzierung aus?

Eine direkte Auswirkung entsteht auf den Eigenkapitalanteil. Er erhöht sich. Die Kennzahl Eigenkapitalanteil ist als Quotient der Eigenleistungen und der Gesamtkosten definiert. Indirekt resultieren positive Effekte auf die Kapitaldienstfähigkeit, die Kapitaldienstgrenze und den Kapitaldienstdeckungsgrad. Die reduzierte Kredithöhe verkürzt die Vertragslaufzeit oder senkt die monatliche Ratenhöhe. Die Kreditnehmer entscheiden, ob sie eine monatlich geringere finanzielle Belastung wünschen oder ob sie die Kreditlaufzeit verkürzen wollen.

Muss ich die Muskelhypothek bei der Bank nachweisen?

Die Eigenleistung ist für die Banken eine wichtige Entscheidungsgrundlage bei der Kreditvergabe. In der Praxis werden bis zu 30 Prozent der Baukosten durch Eigenleistung erbracht. Das Risiko für die Banken reduziert sich, sodass die Eigenleistung einen hohen Wert für die Banken besitzt. Dementsprechend benötigen die Banken einen Nachweis. Es ist sicherzustellen, dass die Bauherren die versprochene Leistung tatsächlich erbringen können. Nicht nur der Wille hierzu ist wichtig, auch die Fähigkeiten müssen vorhanden sein. Die Bauleistungen müssen die erforderliche Qualität besitzen, um für das Bauvorhaben zuträglich zu sein.

Wie geht die Bank bei der Beurteilung vor?

Die angehenden Bauherren erstellen einen Finanzierungsplan, den sie bei der Bank einreichen beziehungsweise Kreditnehmer und Kreditgeber fertigen gemeinsam einen Finanzierungsplan an. Die geplante Eigenleistung wird in diesen Finanzierungsplan einkalkuliert. Die Bank stellt nun einige Frage, die dazu dienen, die Realisierbarkeit zu überprüfen:

  • Reichen die Fähigkeiten zur Ausführung der Bauarbeiten durch den Kreditnehmer aus?
  • Besitzt der Bauherr die finanziellen Mittel zum Kauf der Baumaterialien?
  • Hat der Bauherr genügend Zeit, um neben seinem Beruf die Bauleistungen auszuführen?


Alle diese Fragen müssen positiv beantwortet werden, nur so kann die Eigenleistung anerkannt werden.

Welche Risiken besitzen Muskelhypotheken?

Mit Muskelhypotheken sind nicht nur Vorteile verbunden. Es erscheint zunächst verlockend, Baukosten einzusparen. Allerdings dürfen Kreditnehmer nicht den Aufwand unterschätzen, der durch die Eigenleistungen entsteht. Der Zeitaufwand ist hoch, wenn eine einzelne Person die Arbeiten ausführt. Meistens arbeiten die Bauherren nach Feierabend, da sie zur Sicherstellung der Kreditwürdigkeit berufstätig sind. Möglich ist auch das Einreichen von Urlaub, um die Bauarbeiten durchzuführen. Die Bauzeit erhöht sich: Baufirmen senden täglich mehrere Mitarbeiter und arbeiten routiniert. Für die Bauherren hingegen stellen die Aufgaben ein neues Abenteuer dar, Einarbeiten und Lernen führen zur Verlängerung der Bauzeit. Im Idealfall ist der Kreditnehmer selbst eine Fachkraft, die Qualität der Arbeit erhöht sich. Dennoch fehlen oftmals hochwertige Arbeitsgeräte, sofern sie sich nicht im Privatbesitz des Kreditnehmers befinden.

Welche Auswirkungen entstehen auf die Gewährleistung?

Die Baufirma ist für die Gewährleistung bei Baumängeln haftbar. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Immobilie Baumängel aufweist, dann muss die Baufirma Nachbesserungsarbeiten durchführen oder Entschädigung zahlen. Problematisch wird die Situation, wenn eine Verpflechtung zwischen der Muskelhypothek und den Arbeiten der Baufirma entsteht. Die Frage, wer welche Arbeiten ausgeführt hat und auf welcher Arbeit der Mangel beruht, ist zu klären. Stellt sich heraus, dass die Baufirma keine Schuld trifft, dann haftet der Bauherr selbst für die Mängel.

Kann ich die die Kreditform auch bei einem Ausbauhaus nutzen?

Muskelhypotheken können beim Neubau ebenso wie bei der Sanierung von Altbauten eingesetzt werden. In beiden Fällen beantragen die Bauherren einen Kredit, dessen Höhe sie durch die Eigenleistung senken wollen. Das Ausbauhaus wird vom Bauträger mit einem vorher vertraglich festgelegten Ausbau-Level geliefert und wird vom Bauherrn in Eigenregie fertiggestellt. Ausbauhäuser sind nicht zu unterschätzen, da bei diesem Haustyp mehrere Gewerke ausgebaut werden müssen und handwerkliches Vorwissen unabdingbar ist.

Fazit:

Wer Eigenkapital in Form von Eigenleistungen aufbringen möchte, sollte der finanzierenden Bank eine genaue Übersicht aller benötigten Materialien und Qualifikationen vorlegen. Die Bank wird nach sorgfältiger Prüfung, die Eigenleistungen als Eigenkapital anerkennen. Möglich ist dadurch ein niedrigerer Zinssatz aufgrund der geringeren Beleihungsquote bzw. Risikos der Bank. Daraus folgt in der Regel eine Reduzierung der monatlichen Belastung des Bauherrn. Die Bank wird später die Einbringung der Eigenleistung vor Ort überprüfen und bewerten.

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