
Immobilienwissen: Was sind Standortfaktoren? Foto: Etienne Girardet / Unsplash.com
- Harte und weiche Standortfaktoren bestimmen die Attraktivität eines Ortes.
- Praktische Methoden zur Standortanalyse ermöglichen eine realistische Einschätzung.
- Neben externen Faktoren sind auch interne Merkmale einer Immobilie entscheidend.
Lage, Lage, Lage ist des Maklers-Geschäft: Die Lage beeinflusst nicht nur den aktuellen Wert einer Immobilie, sondern auch ihre zukünftige Wertentwicklung.
Der Leipziger Immobilienmakler Poschmann erklärt die Standortfaktoren vollumfänglich
Dazu gehören sowohl harte als auch weiche Faktoren:
Harte Standortfaktoren
Diese sind messbar und objektiv:
- Infrastruktur: Verkehrsanbindung (ÖPNV, Autobahnen, Bahnhöfe, Flughäfen), Internetverfügbarkeit
- Wirtschaftliche Lage: Arbeitsmarkt, Unternehmensdichte, Kaufkraft der Bevölkerung
- Bildungsangebot: Schulen, Universitäten, Weiterbildungsmöglichkeiten
- Versorgung: Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Freizeitangebote
Datenquellen zur Überprüfung:
- Stadtverwaltungen oder regionale Wirtschaftsförderungen
- Statistikämter (z. B. Statistisches Bundesamt, Landesämter, IHK-Berichte)
- Immobilienportale und Marktberichte
- Verkehrspläne und Ausbauprojekte der Städte
Beispielhafte Analysemethoden:
Die Verkehrsanbindung können Sie prüfen, indem sie messen wie viele Minuten es bis zur nächsten Autobahnauffahrt, zum Bahnhof oder zur nächsten Haltestelle des öffentlichen Nahverkehrs dauert. Ebenso lassen sich Internetgeschwindigkeiten anhand von verfügbaren Breitbandkarten oder Geschwindigkeitstests objektiv erfassen.Ein weiteres messbares Kriterium ist die Kaufkraft der Bevölkerung, die häufig in Euro pro Einwohner angegeben wird. Diese Daten werden von Marktforschungsinstituten wie der GfK oder von kommunalen Wirtschaftsförderungen veröffentlicht. Auch die Arbeitslosenquote einer Region ist ein harter Standortfaktor, der in offiziellen Statistiken der Bundesagentur für Arbeit einsehbar ist.
Bei der medizinischen Versorgung können Sie untersuchen, wie viele Ärzte oder Krankenhäuser pro Einwohner zur Verfügung stehen. Ähnlich verhält es sich mit dem Bildungsangebot, das anhand der Anzahl von Schulen, Universitäten oder Kindertagesstätten pro 1.000 Einwohner verglichen werden kann.
Diese Faktoren ermöglichen eine objektive Standortbewertung, da sie auf klaren Zahlen und offiziellen Statistiken basieren. Häufig existieren für Regionen bereits öffentlich einsehbare Unterteilungen in bestimmte Wohnlagen. Die Unterteilung erfolgt hier meist in mehreren Abstufungen und der Mietspiegel basiert auf solchen Einschätzungen.
Weiche Standortfaktoren
Diese sind subjektiver und beeinflussen das Wohlfühlgefühl der Bewohner:
- Umweltqualität: Lärmbelastung, Luftqualität, Grünflächen
- Soziales Umfeld: Nachbarschaftsstruktur, Kriminalitätsrate, kulturelles Angebot
- Lebensqualität: Freizeitmöglichkeiten, Gastronomie, Atmosphäre eines Stadtviertels
Wie können sie selbst geprüft werden?
- Eigene Standortanalyse: Vor Ort die Umgebung erkunden, auf Geräuschkulisse, Gerüche oder das Erscheinungsbild achten
- Kriminalitätsstatistiken der Polizei: In Deutschland z. B. über das Bundeskriminalamt (BKA) oder Landespolizeibehörden
- Bürgermeinungen: Online-Bewertungen auf Google Maps, Yelp oder lokalen Foren lesen
- Luftqualität: Umweltbundesamt oder spezielle Apps wie „AirVisual“ nutzen
Zusätzlich kann ein Gespräch mit Anwohnern wertvolle Einblicke geben, etwa zur Nachbarschaftsstruktur, zu möglichen Problemfeldern oder geplanten Bauprojekten. Online-Bewertungen auf Plattformen wie Google Maps oder in lokalen Foren helfen dabei, weitere Meinungen und Erfahrungen aus erster Hand zu erhalten. Ein Blick in die Kriminalitätsstatistiken der Polizei oder die Umweltberichte der Stadt kann wertvolle Hinweise auf mögliche Risiken liefern.
Wer sich über mehrere Tage hinweg bewusst mit dem Standort auseinandersetzt, ihn zu unterschiedlichen Zeiten besucht und verschiedene Informationsquellen einbezieht, gewinnt ein realistisches Gefühl für die Umgebung – ganz ohne teure Gutachten oder komplizierte Analysen.
Wer erstellt Standortgutachten?
Investoren und Bauträger profitieren von einer fundierten Bewertung, um die Rentabilität eines Bauprojekts oder einer Gewerbeimmobilie besser einschätzen zu können. Auch Unternehmen und Einzelhändler nutzen solche Analysen, um den optimalen Standort für Filialen, Büros oder Produktionsstätten zu bestimmen. Kommunen und Stadtentwickler greifen darauf zurück, um langfristige Infrastrukturprojekte zu planen und die Attraktivität einer Region gezielt zu fördern. Für Privatpersonen, die eine Immobilie kaufen oder langfristig mieten möchten, kann eine Standortanalyse ebenfalls wertvoll sein, insbesondere wenn Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung eines Stadtteils oder einer Wohngegend bestehen. Da Standortgutachten je nach Umfang und Detailtiefe unterschiedlich teuer sind – von gängigen Immobilienbewertungen, über einfachen Marktanalysen für wenige hundert Euro bis hin zu umfassenden Expertengutachten für mehrere tausend Euro –, ist es wichtig, den individuellen Nutzen einer solchen Untersuchung abzuwägen. (Siehe hierzu auch PropTech und FinTech Techniken)- Immobiliensachverständige – Sie bewerten Immobilien und deren Standortfaktoren, oft mit Fokus auf Marktwertanalysen.
-> Beauftragung über: Sachverständigenkammern, Gutachterausschüsse, Maklerverbände (z. B. IHK, Sprengnetter, TÜV SÜD, DEKRA) - Stadtplaner & Geografen – Sie analysieren langfristige Entwicklungspotenziale eines Standorts.
-> Beauftragung über: Stadtplanungsbüros, Architektur- oder Ingenieurbüros - Wirtschaftsforschungsinstitute – Sie erstellen Makroanalysen zu wirtschaftlichen Standortfaktoren.
-> Beispiele: ifo-Institut, Institut der deutschen Wirtschaft (IW), lokale Wirtschaftsförderungen - Marktforschungsunternehmen – Sie untersuchen Konsumverhalten, Kaufkraft und Zielgruppenanalyse für Unternehmen.
-> Anbieter: GfK, Statista, bulwiengesa, CBRE - Umweltgutachter & Lärmanalysten – Sie bewerten Luftqualität, Lärmbelastung oder ökologische Risiken.
-> Beauftragung über: Umweltämter, spezialisierte Ingenieurbüros, TÜV oder DEKRA
Interne Faktoren
Faktoren die sich direkt auf die Immobilie selbst beziehen können einen ähnlichen Einfluss haben. Diese internen Faktoren sind Merkmale, die den Wohn- oder Nutzwert der Immobilie direkt beeinflussen.Dazu zählen beispielsweise die Ausstattung – eine moderne Fußbodenheizung, energieeffiziente Fenster oder eine hochwertige Dacheindeckung können den Wohnkomfort erheblich steigern. Besonderes Augenmerk sollten Interessenten auf eine zukunftssichere Elektroinstallation legen, deren Ausstattungswert beispielsweise in der DIN 18015-2 festgelegt wird. Seit 2023 wird dies durch die Ausstattungsrichtlinie RAL-RG 678 ergänzt und legt neben der reinen Anzahl an Steckdosen auch Vorbereitungen für weitere Funktionsbereiche fest.
Ebenso spielt die Bausubstanz eine Rolle: Eine solide Bauweise, zertifizierte Dämmung und nachhaltige Materialien wirken sich langfristig auf die Energiekosten und den Werterhalt aus. Ebenso wichtig sind Grundriss und Raumaufteilung – offene Wohnkonzepte, helle Räume und flexible Nutzungsmöglichkeiten erhöhen die Attraktivität einer Immobilie.
Gleichen Sie daher diese „Wohnwertmerkmale“ mit den eigenen Bedürfnissen ab. Immobilienbewertungen durch Gutachter oder Makler beziehen solche Merkmale ebenfalls in ihre Berechnung mit ein – etwa im Sachwertverfahren, das Bauqualität, Materialien und Zustand berücksichtigt.
Diese systematische Einordnung wird häufig unter Begriffen wie „Ausstattungsmerkmale“, „Wohnqualität“ oder „Objektfaktoren“ zusammengefasst. Letztlich geht es darum, eine Immobilie nicht nur im Kontext ihrer Umgebung zu betrachten, sondern auch im Hinblick auf ihre individuellen Eigenschaften – besonders dann, wenn sie langfristig genutzt oder als Kapitalanlage erworben wird.
Zusammengesetzte Faktoren
Ein unverbaubarer Blick oder eine besondere Sichtachse zu einer Sehenswürdigkeit (oder wenn diese gestört wird, wie ein Beispiel des Kölner Doms zeigt) sind spannende Faktoren, die sich nicht eindeutig nur den internen oder externen Standortfaktoren zuordnen lassen. Sie liegen an der Schnittstelle beider Kategorien, können allerdings einen preisbestimmenden Faktor darstellen. (Siehe: Sachverständige: PDF 2021)Einerseits handelt es sich um einen externen Standortfaktor, da die Umgebung – also die natürliche oder städtebauliche Kulisse – diese Besonderheit schafft. Eine Immobilie mit Blick auf ein Gewässer, eine historische Altstadt oder eine markante Landschaft profitiert von der Umgebung und deren Einfluss auf die Wohnqualität und den Immobilienwert.
Andererseits spielt die interne Lage innerhalb des Gebäudes eine Rolle: Eine Wohnung im Erdgeschoss mit Blick auf eine Mauer bietet eine ganz andere Wohnqualität als das Penthouse mit Weitblick. In diesem Sinne kann die Ausrichtung eines Gebäudes oder einer bestimmten Wohneinheit als interner Faktor gesehen werden.
Solche Aspekte haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Attraktivität einer Immobilie. Besonders in dicht bebauten Städten oder in beliebten Urlaubsregionen kann ein geschützter, unverbaubarer Blick ein entscheidender Wertfaktor sein – sowohl für die persönliche Wohnzufriedenheit als auch für den Wiederverkaufswert.
Die wichtigsten Aspekte der Standortfaktoren
Die Bewertung eines Standorts basiert auf einer Vielzahl von Faktoren, einige sind objektiv messbar, andere subjektiv erlebbar.Harte Standortfaktoren, wie Infrastruktur, wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder das Bildungsangebot, lassen sich anhand statistischer Daten und offizieller Berichte genau analysieren.
Weiche Standortfaktoren, etwa die Lebensqualität, das soziale Umfeld oder Umweltaspekte, erfordern hingegen eine individuelle Einschätzung – beispielsweise durch Besuche vor Ort oder den Austausch mit Anwohnern.
Neben externen Standortfaktoren spielen auch interne Merkmale der Immobilie selbst eine große Rolle, etwa Ausstattung, Bausubstanz oder die Ausrichtung innerhalb eines Gebäudes.
In manchen Fällen sind Faktoren wie ein unverbaubarer Blick sowohl von der Umgebung als auch von der internen Lage abhängig. Nur wer eine ausgiebige Standortanalyse durchführt, kann eine fundierte Entscheidungen für den Kauf, die Nutzung oder die Vermarktung einer Immobilie treffen – sei es als Privatperson, Investor oder Unternehmen.
Autor: re.sc.
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