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Gewerbeimmobilie richtig bewerten: Methoden und Expertenmeinung

07.11.2023 | Nicht nur im Falle eines Kaufes oder Verkaufes ist es wichtig, eine professionelle Bewertung der Gewerbeimmobilie zu erhalten. Auch das Finanzamt kann im Rahmen der Bilanzierung des Immobilienvermögens eine Bewertung anfordern. Zusätzlich kommen Bewertungen häufig im Rahmen von Scheidungs- oder Erbschaftsangelegenheiten sowie vor der Aufnahme eines Darlehens infrage. Doch wie wird eine Gewerbeimmobilie richtig ermittelt?

Bildquelle: Pexels.com, Louis

André Heid, Geschäftsführer der Heid Immobilien GmbH, teilt in diesem Artikel sein Expertenwissen über Bewertungsmethoden bei Gewerbeimmobilien und gibt wertvolle Tipps. Durch seine langjährige Erfahrung in der Branche, u.a. durch Großprojekte wie die Immobilienbewertung Dresden sowie die bundesweite Zusammenarbeit mit renommierten Instituten wie TÜV und DEKRA, verfügt er über eine herausragende Expertise auf diesem Gebiet.

 

Experten unterscheiden sechs verschiedene Arten von Gewerbeimmobilien

 

Die Bewertung von Gewerbeimmobilien ist ein komplexer Prozess, der auf die Vielfalt der Objektkategorien und die unterschiedlichen Bewertungsmethoden zurückzuführen ist. Zu den Hauptkategorien zählen Büroimmobilien, die den größten Anteil in diesem Segment ausmachen. Daneben werden Freizeitimmobilien, Einzelhandelsimmobilien, Produktionsimmobilien, Logistikzentren und Spezialimmobilien wie Arztpraxen, Hotels, Tankstellen oder Weingüter unterschieden. Jede Kategorie erfordert eine individuelle Bewertungsstrategie, um ihren spezifischen Eigenschaften und ihrem Marktwert gerecht zu werden.
 

Faktoren, die die Wertermittlung beeinflussen

 

Genau wie bei einem Einfamilienhaus oder einem anderen Objekt ist der Immobilienwert einer Gewerbeimmobilie auch von dessen Baujahr, Größe, Ausstattung und dem aktuellen baulichen Zustand abhängig.

 

Die Bewertung von Gewerbeimmobilien wird von verschiedenen Kriterien beeinflusst, die den Wert der Immobilie maßgeblich mitbestimmen. Neben Aspekten wie Nutzungsart, Umnutzungsmöglichkeiten, Mietdauer und baulichen Gegebenheiten spielt die Lage eine entscheidende Rolle. Doch was macht die Bewertung von Gewerbeimmobilien so anspruchsvoll? André Heid gibt dazu eine konkrete Erklärung: „Gewerblich genutzte Immobilien unterscheiden sich erheblich in ihrer Ausstattung, Größe und den Nutzungsmöglichkeiten (Drittverwendungsfähigkeit). Dazu muss das Planungsrecht und der kommunale Bebauungsplan miteinbezogen werden.“

 

Was versteht man unter der erwähnten Drittverwendungsfähigkeit? Diese gibt laut Immo-Experte Heid an, „ob eine Immobilie ohne große Umbauten direkt von einem Nachmieter genutzt werden kann. Je spezieller die Immobilie auf einen Nutzer zugeschnitten ist, desto geringer ist die Drittverwendungsfähigkeit. Die höchste Drittverwendungsfähigkeit im Gewerbebereich haben Büroimmobilien, da diese sich üblicherweise mit geringem Aufwand neu vermieten lassen.“

 

Verfahren zur Bewertung von Gewerbeimmobilien

 

Fachgemäße Wertermittlungsverfahren nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) sind gesetzlich vorgeschrieben und dienen als anerkanntes Verfahren vor Behörden und Gerichten. Dazu gehören Verkehrswertgutachten, Bilanzwertgutachten und Beleihungswertgutachten. Besonderen Wert legen die Banken auf die Berücksichtigung des Modernisierungsrisikos, insbesondere bei langfristig genutzten Immobilien. Weitere Ansätze sind das Discounted-Cashflow-Verfahren, das Mietwertverfahren, das Sachwertverfahren (bei Spezialimmobilien) und das Vergleichswertverfahren.

 

Am häufigsten wird das Ertragswertverfahren angewendet, insbesondere wenn die Drittverwendungsfähigkeit gegeben ist. André Heid erklärt, welches Verfahren in welcher Situation angewendet wird. „Für die Wertermittlung der meisten Gewerbeimmobilien kommt das Ertragswertverfahren zum Einsatz. Bei Gewerbeimmobilien, deren Rentabilität stark von der Pacht abhängt, wird zudem das Pachtwertverfahren angewandt. Sind internationale Kapitalgeber interessiert, greifen Gutachter auf ein Discounted-Cashflow-Verfahren zurück. Bei Betriebsfortführung oder vergleichbarer Nutzung kann das Sachwertverfahren geeignet sein.“

 

So wird der Ertragswert einer Gewerbeimmobilie berechnet

 

Die häufigste Berechnung ist der Ertragswert, dessen Ermittlung in 6 Schritten erfolgt:
 

  1. Reinertrag des Grundstückes = Rohertrag - Bewirtschaftungskosten
  2. Bodenwertverzinsung = Bodenwert x Liegenschaftszins
  3. Gebäude-Reinertrag = Reinertrag des Grundstücks - Bodenwertverzinsung
  4. Gebäude-Ertragswert = Gebäude-Reinertrag x Vervielfältiger (dieser wird aus Liegenschaftszinssatz und Restnutzungsdauer gem. dem Bewertungsgesetz (Anlage 21 BewG) ermittelt.
  5. Ertragswert = Gebäude-Ertragswert + Grundstückswert
  6. Abschließend werden alle objektspezifischen Zu- oder Abschläge noch hinzugerechnet bzw. abgezogen.
     

Wie können Sie Ihren Gebäudewert am besten bestimmen?

 

Es ist verlockend, den Wert der Gewerbeimmobilie selbst bestimmen zu wollen. Rein rechnerisch mag dies zu einem Ergebnis führen, doch diese Zahlen sind oft nicht realistisch. Bei der Selbstberechnung fehlen aktuelle Zahlen von Vergleichsobjekten und spezifisches Fachwissen für die Bewertung von Sonderimmobilien. Auch Gratis-Online-Berechnungen im Internet sind zwar eine Möglichkeit, jedoch eine ebenso unsichere.

 

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