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Die Digitalisierung der Immobilienbranche: Segen oder Fluch?

11.08.2023 | Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war das Tätigkeitsfeld eines Immobilienmaklers relativ klar definiert: Regional verbunden, gut vernetzt durch persönliche Kontakte vor Ort und nicht selten abhängig von Empfehlungen samt dazugehöriger Mundpropaganda. Die Tageszeitung – und ganz besonders der Lokalteil – galt als die wichtigste Plattform, um neue Kunden (Käufer als auch Verkäufer) gewinnen zu können. Doch mittlerweile erscheint diese Art der Immobilienvermittlung wie ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Denn wer heutzutage nicht im Internet präsent ist, wird es schwer haben, die Immobilien überhaupt an den Mann beziehungsweise an die Frau zu bringen. Bedingt durch die fortschreitende Digitalisierung hat sich der Beruf des Immobilienmaklers also stark verändert. Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese Wendung tatsächlich einen Segen oder doch eher einen Fluch für die gesamte Branche darstellt.

Bildquelle: Tumisu auf Pixabay

Wer früher eine Immobilie kaufen wollte, hatte meist einen beschwerlichen Weg vor sich. Es galt unzählige (Tages-)Zeitungen zu sichten, Kontakte mit den jeweiligen Maklern herzustellen und sich vor Ort ein Bild von der Liegenschaft zu machen. Die Wege waren lang und der Prozess bis zum endgültigen Kauf konnte sich über Wochen, wenn nicht gar über Monate hinziehen. Der Makler hingegen musste aufwendige Exposés erstellen, die den potenziellen Käufern per Post zugeschickt wurden. Darüber hinaus hatte der Immobilienmakler damit zu kämpfen, die zahlreichen Vermittlungsaufträge der verschiedenen Interessenten zu katalogisieren, ohne dabei die Übersicht zu verlieren. Doch vor einigen Jahren änderte sich diese Herangehensweise schlagartig.

Die Onlineportale, die seit geraumer Zeit wie Pilze aus dem Boden schießen, sorgten schnell für einen grundlegenden Wandel der gesamten Immobilienbranche. Die Vermittlung von Grund und Boden läuft seitdem fast ausschließlich im Internet ab. Im digitalen Raum können interessierte Käufer mit nur wenigen Mausklicks und zahlreichen Suchfiltern binnen kürzester Zeit ihre Wunschimmobilie finden – samt virtuellem Rundgang (in einigen Fällen gar in 3D), sämtlichen Informationen auf einen Blick und vielen weiteren praktischen Tools, mit denen der Hauskauf zum Kinderspiel wird. Möglich wird diese revolutionäre Veränderung der Immobilienbranche vor allem durch das Zusammenspiel zwischen Maklern und kreativen Onlineagenturen, welche die erfolgreiche digitale Vermarktung überhaupt erst ermöglichen. Wie das Ganze ablaufen kann, verdeutlicht das folgende Beispiel.


Die digitalen Vorreiter aus der Rattenfängerstadt Hameln

Dass das Konzept des intelligenten und digitalen Maklertums nachhaltig funktionieren kann, zeigt das Modellprojekt von Hapke Immobilien, einem renommierten Immobilienmakler in Hameln, und der Synatix GmbH, einer Werbeagentur aus Hameln. Dank dieser Kooperation können die erfahrenen Makler der Firma Hapke auf ein sogenanntes Immobilien-Match-System zurückgreifen, das es sowohl für den Kunden als auch für den Vermittler selbst deutlich einfacher macht, diese Form der Dienstleistung zu nutzen. Ein weiterer Vorteil: Die gesamte Abwicklung findet online statt, sodass Verkäufer und Käufer alle notwendigen Informationen jederzeit und bequem von zu Hause aus einsehen und verwalten können. Darüber hinaus ermöglicht die digitale Plattform eine kostenlose Wert- und Marktanalyse, bietet ein integriertes Bewertungssystem und führt zu einer effektiven und effizienten Kommunikation zwischen allen beteiligten Parteien. Auf den ersten Blick handelt es sich also um ein potenziell erfolgversprechendes System. Allerdings stoßen digitale Lösungen dieser Art auch immer wieder an ihre Grenzen.


Vielen Kunden ist die individuelle und persönliche Beratung wichtig

Die meisten Käufer und Verkäufer von Wohnimmobilien schätzen die Digitalisierung der Maklerbranche, da vor allem die zum Teil sehr komplizierte und umständliche Suche deutlich vereinfacht wurde. Gleichwohl hat diese Transformation aber auch zu einer gewissen Form der Anonymisierung geführt. Denn häufig findet der Kontakt fast ausschließlich online statt – und selbst die erste Begehung der Immobilie geschieht virtuell. Für viele Kunden ist es jedoch wichtig, individuell und vor allem persönlich beraten zu werden. Und genau hier kommt es trotz ausgeklügeltem Matchmaking-System noch immer auf das Fachwissen, das Geschick und nicht zuletzt auch auf die Kompetenz des Maklers an. Dass der Beruf des Immobilienmaklers durch die Digitalisierung der gesamten Branche auszusterben droht, ist also kaum zu befürchten.

Allerdings müssen die Makler versuchen, zu einer Schnittstelle zwischen der virtuellen Umgebung und ihren Kunden zu werden. Es gilt, die neuen und digitalen Werkzeuge in den altbekannten Arbeitsprozess zu integrieren und sie nur dann zu nutzen, wenn sie auch hilfreich sein können. Der virtuelle Rundgang ersetzt beispielsweise nicht die persönliche Führung des Maklers, sondern soll dem Käufer nur ein erstes und unverbindliches Bild der Immobilie vermitteln – ohne dass der Käufer vor Ort sein muss. Und auch in Bezug auf die Lage, die Umgebung und eventuelle Besonderheiten verschafft das Onlineportal nur einen ersten Einblick – die konkreten und weiterführenden Informationen muss der Makler hingegen persönlich und individuell zugeschnitten weitergeben.


Der digitale Wandel schreitet unaufhörlich voran

Dank verschiedener Studien, wie unter anderem dem sogenannten „Digitalisierungsindex Mittelstand“ des Online-Analysten Techconsult in Kooperation mit der Deutschen Telekom, lässt sich sehr gut erkennen, dass die Immobilienbranche immer häufiger auf digitale Lösungen zurückgreift. Aus diesem Grund gehört laut der Erhebung mittlerweile bei knapp der Hälfte aller befragten Firmen aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen die Digitalisierung zum festen Bestandteil der Geschäftsstrategie. Hinzu kommt, dass immer mehr Immobilienmakler auch in den sozialen Medien aktiv sind, um sich durch ständige Präsenz noch stärker an die Kunden binden zu können.

Ob und inwieweit diese Maßnahmen auch zukünftig auf Akzeptanz stoßen werden, bleibt vorerst nur abzuwarten, da die immer wieder auftretenden Probleme in Bezug auf den Datenschutz und die schiere Informationsflut zu einer verstärkten Zurückhaltung bei den potenziellen Kunden führen können. Die Digitalisierung der Immobilienbranche wird also auch in naher Zukunft immer weiter voranschreiten – und es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie die Makler damit umgehen werden.

 

501202/1209

 

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